Jumana Manna, CACHE (Insurance Policy), exhibition view, photo Luca Guadagnini ©ar/ge kunst
Ausstellungen

CACHE (INSURANCE POLICY)
JUMANA MANNA

16.5.2019—27.7.2019

ERÖFFNUNG
16.05.2019, 19 Uhr

Kuratiert von Emanuele Guidi

In ihrer ersten Einzelausstellung in Italien setzt die Künstlerin Jumana Manna ihre Auseinandersetzung mit Systemen des Verwahrens und mit Politiken der Bestandssicherung fort, indem sie Parallelen zwischen wissenschaftlichen und kulturellen Umgebungen aufzeigt.

Die Installation Cache (Insurance Policy) (2018/19) verbindet bereits existierende mit eigens für diesen Anlass entstandenen Skulpturen aus Ton und verteilt sie durchgehend in den Räumlichkeiten von ar/ge kunst. Wie der Titel „Cache“ (Speicher) andeutet, erkundet die Arbeit Akte des Lagerns, des Sammelns und des Sicherns von natürlichen Ressourcen wie auch kulturellen Artefakten – Akte, die dem Überleben, dem Erhalt von Beständen und deren wirtschaftlicher Nutzung dienen.

Im vorderen Raum sind kubisch geformte Skulpturen als museologische Fragmente, herausgelöst aus ihrem architektonischen Kontext, aufgestellt. Die in Ton ausgeführten Arbeiten sind angeregt von der „khabya“ (Vorratskammer), einer traditionellen, inzwischen aber obsoleten Bauform in levantinischen Bauernhäusern. Vor dem Aufkommen der Kühltechnik dienten „khabyas“ der Lagerung von Getreide für den ganzjährigen Verbrauch. Durch die übertriebene Wiedergabe von Vorsprüngen und Öffnungen an den Formen gewinnen Mannas Werke eine anthropomorphe Qualität und nähern sich dem menschlichen Körpermaß an.

Im zweiten Teil der Installation verkleiden Regale und Gitter aus Metall den hinteren Raum und rücken die „khabyas“ somit in eine Umgebung, die an institutionelle Lagerräume erinnert, seien es Saatgutbibliotheken, ethnografische Sammlungen oder Museumsdepots. Saatgutbanken stehen auch im Mittelpunkt von Mannas jüngsten Arbeiten, etwa dem Langfilm Wild Relatives (2018), der die Übergabe von Pflanzensamen zwischen der im Arktischen Ozean gelegenen norwegischen Insel Spitzbergen und dem Bekaa-Tal im Libanon behandelt. In dieser Iteration von Cache wird der Film als Loop – neben den „khabyas“ – in die Installation einbezogen.

Jumana Manna nutzt die Ausstellung als Ort, um die taxonomischen Impulse hinter Getreidespeichern, Saatgutdepots und Museen ineinander zu überführen, und stellt dabei die Wandlung von Bevorratungs- und Wissenssystemen heraus: von ursprünglichen Praktiken zur Sicherung des Überlebens hin zu zentralisierten Ökonomien des Kapitalwachstums. So verweist der spielerische Gestus des Speicherns von Speichern auf die ideologische Diskrepanz zwischen den vielfältigen Geschichten des Verwahrens und den ungleichen Zukunftschancen, die sich mit heutigen Akten der Erhaltung verbinden.

Biografie

Jumana Manna (geb. 1987, USA) ist bildende Künstlerin und lebt in Berlin. 2012 wurde sie mit dem Young Palestinian Artist Award der A.M. Qattan Foundation und 2017 mit dem ars viva-Preis für bildende Kunst ausgezeichnet. Mit ihren Arbeiten war sie auf zahlreichen Filmfestivals und in Ausstellungen vertreten, etwa im Henie Onstad Museum, Norwegen, 2018; in der Mercer Union, Kanada, 2017; im Jeu de Paume und im CAPC Bordeaux, Frankreich, 2017; im SculptureCenter, USA, 2014; auf der Marrakech Biennale 6, 2016; im Nordischen Pavillon der 57. Biennale von Venedig; sowie auf dem 54. und 56. Internationalen Filmfestival Viennale, auf der 66. und 68. Berlinale und auf dem CPH:DOX 2018, wo Wild Relatives den New:Visions Award erhielt.