Exhibition view, corporal ideas, 2003
Ausstellungen

IDEE CORPOREE

8.5.2003—29.6.2003

Urban Grünfelder, Anna Maria Innerhofer, Markus Delago
kuratiert von Sabine Gamper

Zu aktuellem Anlass – nämlich der Eröffnung der Panorama-Ausstellung im alten Postgebäude, präsentiert die ArGe Kunst Galerie Museum im Rahmen einer thematischen Ausstellung Arbeiten der drei Südtiroler Künstler Anna Maria Innerhofer, Urban Grünfelder und Markus Delago. Diese Ausstellung nähert sich einem Thema, das im Laufe des 20. Jahrhunderts zu einer zentralen Auseinandersetzung in der Kunst und zu einem Diskurs zwischen den Geschlechtern führte, nämlich die Beschäftigung mit dem menschlichen Körper, der Versuch, eine psychische und soziale Realität durch die Darstellung der Körper-Oberfläche nach außen mitzuteilen, die Untersuchung der Begriffe Bild und Abbild sowie – im weiteren Sinne – die Auseinandersetzung mit dem Kunstwerk als Repräsentation des Körpers an sich.

Die strukturelle Verbindung des menschlichen Körpers mit dem Bild hat eine sehr bewegte und vieldiskutierte Geschichte hinter sich, die im Laufe der Kunstgeschichte zu den unterschiedlichsten Formen und Resultaten geführt hat, bis hin zur Auflösung und Zerstörung des Bildes als symbolischer Akt der Destruktion des Körpers ab den 60er Jahren des 20.Jahrhunderts. Alle drei der hier vertretenen Künstler nähern sich diesen gemeinsamen Themen an, auch wenn die Zugänge denkbar unterschiedlich sind. Verkörperungen bedeutet einerseits die Repräsentation und Darstellung des Körpers an sich, andererseits aber auch die Darstellung dessen, was hinter der Oberfläche steht, nämlich die psychische oder soziale Realität, die durch den Körper repräsentiert wird. Und genau das ist es, worum es den drei Künstlern geht: ein Spiel mit dem Sichtbaren und Unsichtbaren, mit dem Körper und seiner Idee, mit Repräsentation und Imagination.

Urban Grünfelder ist Maler, und beschäftigt sich mit der Darstellung des Menschen in seiner physischen und psychischer Dimension. Die Ausstellung präsentiert ein Tryptichon in Öl auf Leinwand sowie 5 Zeichnungen. Auf den Bildern sind Menschen zu sehen, oder besser etwas, was wir als „Logo“, als Symbol oder Metapher eines Menschen bezeichnen können, nämlich dessen abstrahierte Umrisse, stets ohne Gesicht, ohne individuelle Wiedererkennbarkeit, meistens ohne Geschlechtsmerkmale. Die Körper sind reduziert und konzentriert auf bloße Farbe, Umrisse und Gesten. Grünfelder vermeidet akribisch jeden Gestus, jeden individuellen „Strich“. Die Menschen von Urban Grünfelder bestechen durch ihre simple Komplexität, durch die einfachen Formen, Farben und Flächen, mit denen er die Körper auf die zweidimensionale Ebene bannt. Die Suche nach dem Wesentlichen findet in der Reduktion statt. Anna Maria Innerhofer geht in ihrer Arbeit gewissermaßen einen konträren Weg. Der Titel ihrer Arbeit „Die Fremde“ bezeichnet eine Distanz, die jedoch in ihrer Arbeit selber wieder aufgelöst, ja umgekehrt wird, denn die Künstlerin lässt den Betrachter so nahe an sich und ihre körperlichen Erfahrungen heran, dass ein unmittelbares Nachvollziehen ihres radikalen Schaffensaktes möglich wird. Die Arbeit, die wir in der Galerie Museum präsentieren, besteht in einer fotografischen Dokumentation der Entstehung des Kunstwerkes „Die Fremde“, das den Wachsabdruck des Körpers der Künstlerin darstellt.
Anna Maria Innerhofer ist die Kluft zwischen Wahrnehmung und Wahrgenommen werden wichtig, sowie die Suche nach dem „Ich“ in den Grenzen ihres eigenen Körpers. Die Frage nach der Wahrnehmung des Körpers ist mit der Frage nach der Wahrnehmung des Ichs unabdingbar verknüpft. Markus Delagos Auseinandersetzung mit dem Körper besteht vor allem in der Beschäftigung mit Formen und Materialien, die er in der Natur sucht und findet, und dann in seinen Kunstwerken zu übergeordneten, allgemeingültigen und trotzdem sehr persönlichen Objekten umformt. Er greift auf der Suche nach seinen Formenskulpturen nicht auf seine innere Erfahrungswelt zurück, sondern auf Naturphänomene, die er z.B. in Schneekristallen und unterschiedlichen Fels- oder Steinformationen findet. Die Materialien, die er verwendet, sind vom Menschen künstlich geschaffene Derivate wie Schaumstoff oder Silikon, die einerseits die Distanz, den Mangel andeuten, und gleichzeitig ihre Herkunft aus der Natur manifestieren. Der Mensch und seine soziale Realität spielt dabei eine nicht zu verachtende Rolle: die Formen der Natur werden in der Phantasie des Künstlers zu Repräsentationen der menschlichen Gemeinschaft, des Individuums und dessen Zusammenspiel in der Gesellschaft. Insofern sind Delagos Kunstwerke gewissermaßen Grenzlinien des Mangels oder Repräsentationen des Abstandes zwischen dem Einen und dem Anderen, sie bezeichnen Orte zwischen der einen künstlichen/toten und der anderen natürlichen/lebendigen Identität.