IMAGE DIPLOMACY
Vladislav Shapovalov
Vernissage: 01.12.2017, 19 Uhr
Kuratiert von Emanuele Guidi
Mit der ersten italienischen Einzelausstellung des russischen Künstlers Vladislav Shapovalov setzt ar/ge kunst die Präsentation von künstlerischen Praktiken fort, die sich mit Geschichte, und dem Stoff aus der sie gemacht ist, auseinandersetzen. Es sind langfristige Recherchen, die der offiziellen Geschichtsschreibung gegenüberstehen, da sie sich um die Fakten-Zusammenstellung eben der Momente widmen, die als minder und obsolet gelten oder einfach vergessen wurden. Diese Werke untersuchen auf eine kritische Art und Weise hauptsächlich die Medien selbst, durch die die Geschichte erst geschrieben und an die Öffentlichkeit gebracht werden konnte und durch die sie bis heute weiterlebt.
In Image Diplomacy geht Vladislav Shapovalov das kulturelle und politische Erbe des „kommunistischen Projekts“ der Sowjetunion an. Er baut den Blickpunkt auf seiner eigenen Biografie als junger Russe auf, der im Russland nach 1989 aufgewachsen und seit Jahren in Mailand zu Hause ist. Eine Konfrontation, die mit der Entdeckung Dutzender Ordner im Italienisch-Russischen-Verein[1] angefangen hat: sie brachte vollständige Foto-Ausstellungen und Filme über die verschiedensten Aspekte des Lebens in der Sowjetunion ans Licht (Sport, privates und öffentliches Leben, Technologie und Arbeit, Geographie und Architektur bis hin zur weiblichen Emanzipation und die erreichten Ergebnisse in der Weltraumforschung). Diese dienten dazu, das Bild von einem modernen, emanzipierten, internationalen Projekt in der Welt zu fördern, das im Gegensatz zu dem kapitalistisch-amerikanischen stehen sollte. Solche Ausstellungen sind von der Allunions-Gesellschaft für kulturelle Beziehungen mit dem Ausland (VOKS)[2] entworfen und durch das Netzwerk von Freundschaftsvereinen verbreitet worden, die in unzählig vielen Ländern von den Sympathisanten des sowjetischen Experiments[3] gegründet wurden. Einer der zentralen Aspekte des Werkes Shapovalovs konzentriert sich auf die Aufbausysteme und Ausstellungstechniken einiger dieser Ausstellungen, die eigenständig und preiswert realisiert werden konnten, ganz einfach indem man die Anleitungen und technischen Zeichnungen, die sich u.a. in den Ordnern befanden, befolgte. Die Idee einer Modernität, die für jeden zugänglich ist, wurde somit nicht nur durch die Reproduzierbarkeit des Fotos und des Films angekündigt, sondern auch anhand eben dieser Display-Systeme, die so die Ausstellung in das ideale „Medium“ verwandelten um solch eine Botschaft vermitteln und verbreiten zu können.
Image Diplomacy zeigt damit eine Auswahl an fotografischem Material und an Dokumenten, die bezeugen, welche Rolle die Kultur und die Bilder in den internationalen Beziehungen der Sowjetunion spielten. Es handelt sich hier um Archivmaterial, das in einer Installation arrangiert wird und auf die Ausstellungsformen und -Systeme der VOKS hinweist und diese abstrahiert und darüberhinaus die Beziehung speziell zwischen der UdSSR und Italien erzählt (Italien, das Land mit der ausgeprägtesten Kommunistischen Partei in der westlichen Welt). Parallel dazu wird ein Film des Künstlers gezeigt, der den Kampf dokumentiert, welcher auf dem Feld der „kulturellen Diplomatie“ zwischen den beiden großen ideologischen Blöcken während des Kalten Krieges ausgetragen wurde. Er stellt hier zwei Geschichten gegenüber: einmal die der Ausstellungen der UdSSR und ihres Netzwerkes an Freundschaftsvereinen und dann die der Ausstellung The Family of Man – 1955 von der USA im MOMA in New York organisiert und dann in 69 Ländern der Welt präsentiert, u.a. 1958 in Italien und 1959 in Russland[4]. Hier stoßen wir auf der einen Seite auf das Projekt des sozialistischen Internationalismus, der darauf zielte, die Länder der Zweiten und Dritten Welt zu vereinen, und auf der anderen Seite auf das amerikanische universalistische Projekt.
Ein besonderes Dankeschön an das:
Archiv des Italo-Russischen Vereins in Mailand
Filmarchiv (Cineteca) Bologna
Künstlerhaus Büchsenhausen, Innsbruck
V-A-C Stiftung, Moskau
Freie Universität Bozen, Fakultät für Design und Künste
Mit freundlichen Unterstützung von:
Autonome Provinz Bozen, Abteilung Kultur
Stiftung Südtiroler Sparkasse
Stadtgemeinde Bozen, Abteilung Deutsche Kultur
The Keir Foundation, Australien
_________________________________
[1] Früher: Verein Italien-UdSSR
[2] 1925 in der UdSSR gegründet: die VOKS benutzte die kulturelle Diplomatie als Instrument um das zu brechen, was Lenin die „Verschwörung des Schweigens“ um sein Land und um sein großes sozialistisches Projekt nannte (Vladislav Shapovalov, Konferenz: Image Diplomacy – Archive that were never meant to be kept, 13. Oktober, Garage, Moskau).
[3] 1957 sind Freundschaftsvereine zwischen der UdSSR und den Ost-und West-, sowie den blockfreien Staaten gegründet worden
[4] Die Ausstellung ist heutzutage im Schloss Clerf in Luxemburg zu sehen, dem Heimatland des Kurators, dem Fotografen Edward Steichen und wurde in die Liste des „Weltdokumentenerbes“ der UNESCO aufgenommen.