MOLTITUDINI-SOLITUDINI
Pier Paolo Campanini, Absalon, Loris Cecchini, Marco De Luca, Flavio Favelli
kuratiert von Sergio Risaliti
Für das Jahr 2003 hat Sergio Risaliti, der ehemalige Direktor des Palazzo delle Papesse von Siena und derzeit freier Kurator, das Projekt „Moltitudini – Solitudini“ im Auftrag des Museums für moderne und zeitgenössische Kunst Bozen konzipiert. Es geht dabei um eine generelle Reflexion über das Binom „Vielheit – Vereinzelung“; Risaliti setzt beim komplexen Verhältnis zwischen Masse und Individuum an, wie es sich seit dem 19. Jahrhundert mit der Entwicklung der Metropolen entwickelt hat und bei Autoren wie E.A. Poe, Charles Baudelaire und Walter Benjamin auf höchst luzide Weise zum Ausdruck kommt. Die Fragestellung findet auch einen reichen Niederschlag in der Kunst, wobei es nicht um eine Illustration des Thema gehen kann, sondern um ganz eigene Interpretationsparadigmen.
Es handelt sich bei „Moltitudini – Solitudini“ nicht um eine Themenausstellung, sondern um einen Ansatz, der neue Hypothesen sichtbar machen kann: dies erfolgt über eine Auswahl von Werken, die sich auf ganz verschiedene Bereiche beziehen, sich aber letzten Endes auf einen gemeinsamen Nenner zurückführen lassen. Es lassen sich verschiedene Nuklei ausmachen: Werke, die sich mit der Frage nach dem Raum und der Architektur auseinandersetzen und dabei regelrechte Wohn-Zellen konstituieren, die das komplexe Verhältnis zwischen Innen und Aussen, zwischen Ich und Welt thematisieren. Zu dieser Gruppe gehören Werke von Pierpaolo Campanini, Loris Cecchini, Atelier van Lieshout, Costa Vece, Andrea Zittel und die Videos von Absalon. Das – manchmal gewalttätige – Verhältnis zu den „Anderen“ findet eine Thematisierung in den Videos von Francis Alÿs wie auch in den Werken von Paolo Canevari. Die Einsamkeit schlechthin in ihrer Eigenschaft als tendenziell solipsistische Entfremdung von der Wirklichkeit findet eine Umsetzung in den Werken von Marco De Luca, Armin Linke, Sabrina Mezzaqui und Luca Vitone. Hassan Khan, Kim Sooja, Marco Vaglieri und Cesare Pietroiusti thematisieren die Einsamkeit inmitten der Menge, Anri Sala (Fotografie) und Melik Ohanian (Video) die Ausgrenzung als Folge der Vermassung. Die Vielheit (Menge) als unvermeidbare Last, als Voraussetzung für Bereicherung oder auch als chaotischer Zustand findet einen Niederschlag in den Werken von Letizia Cariello, Lara Favaretto, Domenico Mangano und Starker.
Das Projekt findet seine Realisierung in der Stadt Bozen mit seiner spezifischen Vermischung der Kulturen: Bozen erscheint dabei als Ort der Vielheiten, aber zugleich als Ort der Vereinzelung. Die Ausstellung entwickelt sich einerseits in der Galerie Museum und im Museum für moderne und zeitgenössische Kunst, zum anderen an verschiedenen Orten der Stadt (EURAC – Europäische Akademie, Carambolage, Hauptpostamt, Durchgängen, Banken, dem Flughafen, der Universität, dem Freibad).