Riccardo Giacconi
El diablo en el pozo (dettaglio)
in collaborazione con Herlyng Ferla
2016
Ausstellungen

The Variational Status Riccardo Giacconi

7.12.2016—11.2.2017

Kuratiert von Emanuele Guidi und Antoine Marchand

Eröffnung 07.12.2016, 19 Uhr

Die Ausstellung „The Variational Status“ (Das Variationsstatut) in der ar/ge kunst ist die erste öffentliche Präsentation eines Forschungsprojekts des Künstlers Riccardo Giacconi, das 2017 mit einer Performance in der Centrale Fies (Juli 2017), einem zweiten Ausstellungsvorhaben im FRAC Champagne-Ardenne in Reims (Oktober 2017) und einem bei Humboldt Books verlegten Künstlerbuch (Februar 2017) fortgeführt wird.


Das Projekt spürt der Beziehung zwischen spezifischen Erzählformen – Figurentheater, cantastorie (Bänkellieder), Flugblätter sowie Pamphlete – und mehreren in Italien und Südamerika begangenen vorpolitischen Akten der Rebellion nach. Ausgehend vom Interesse Riccardo Giacconis am traditionellen Brauchtum als einem „Akt der Übermittlung“, evoziert The Variational Status (Das Variationsstatut) eine im Spannungsfeld zwischen Animation, Suggestion, Auflehnung und Oralkultur angesiedelte narrative Konstellation.

Die Ausstellung kreist rund um den espiritado, eine kolumbianische Puppenspielfigur, die vermutlich von einem bei einem Dorffest ermordeten Polizisten angeregt ist. Untersucht wird die Maske des espiritado unter Bezugnahme auf einen Vorfall von 1911 in Bologna, bei dem der Soldat Augusto Masetti in einem Akt der Insubordination gegen den in Libyen geführten italienischen Kolonialkrieg auf seinen Kommandanten schoss. In beiden Fällen ist den handelnden Personen eine totale Amnesie für ihre im Zustand der Trance oder des Schlafwandelns begangene Geste des Aufbegehrens gemeinsam. Während im Fall von Masetti dieser Umstand ihn zu einer Symbolfigur für die anarchistische Bewegung erhob, die sich weltweit zu seiner Verteidigung mobilisierte, geriet der espiritado hingegen zu einer komisch besetzten Marionettenfigur.

Die als Dekonstruktion eines Marionettentheaterstücks konzipierte Installation The Variational Status (Das Variationsstatut) besteht aus einer automatischen Marionette (angefertigt im Dialog mit der historischen Compagnia Marionettistica Carlo Colla & Figli), aus einem Bühnenhintergrund in Form eines Vorhangs, der als Szenenbuch fungiert, und aus einer im Mobil-Letterndruck auf einer Druckerpresse des 19. Jahrhunderts in der kolumbianischen Stadt Cali gedruckten Serie von Plakaten zu dem espiritado-Stück „El Diablo en el pozo“ (Der Teufel im Brunnen).
Im Rückgriff auf Archivunterlagen, mündliche Zeugnisse und Theaterrollenbücher verknüpft Riccardo Giacconi die realen und fiktiven Ereignisse beider Personen, um so die Frage nach dem Status von Dokumenten aufzuwerfen, die nicht auf einem dauerhaft vorliegenden und zertifizierten Träger basieren, sondern in reiner Form der Variation bestehen können.

The Variational Status (Das Variationsstatut) entstand im Auftrag der ar/ge kunst (Bozen), der Centrale Fies (Dro, Trient) und des FRAC Champagne-Ardenne (Reims) und wurde in Zusammenarbeit mit dem Bildhauer Franco Citterio und der Compagnia Marionettistica Carlo Colla & Figli (Mailand), den Carteles La Linterna Edigraphos (Cali), Herlyng Ferla, Carolina Valencia und Paola Villani realisiert.


Riccardo Giacconi studierte bildende Kunst an der Università IUAV di Venezia, der UWE Bristol und der New York University. Seine Werke wurden in verschiedenen Ausstellungen, u. a. in der WUK Kunsthalle Exnergasse (Wien), dem FRAC Champagne-Ardenne (Reims), tranzitdisplay (Prag), Peep-Hole (Mailand), der Fondazione Sandretto Re Rebaudengo (Turin) und in der Sektion „Résonance“ der Biennale de Lyon, gezeigt. Er war Artist-in-Residence im Centre international dʼart et du paysage (Vassivière, Frankreich), Lugar a Dudas (Cali, Kolumbien), La Box (Bourges, Frankreich), MACRO – Museo d’arte contemporanea di Roma u.a. Seine Filme wurden auf verschiedenen Filmfestivals vorgeführt, etwa dem New York Film Festival, International Film Festival Rotterdam, Festival internazionale del film di Roma, Torino Film Festival, FID Festival international de cinéma Marseille, wo er 2015 den Grand prix de la compétition internationale gewann, und dem Filmmaker Festival di Milano (Primo premio „Prospettive“ 2015). Darüber hinaus wurde er mit dem von Careof und Sky Arte vergebenen Preis ArteVisione 2016 ausgezeichnet. 2007 war er Mitbegründer des Kollektivs Blauer Hase und betreut dort die periodisch erscheinende Publikation Paesaggio sowie das Festival Helicotrema.


Ein besonderer Dank geht an:
Stadtmuseum Bozen

Mit freundlicher Unterstützung von:
Autonome Provinz Südtirol, Abteilung Kultur
Stiftung Südtiroler Sparkasse, Bozen
Stadt Bozen, Abteilung Kultur