Exhibition view, Thomas Feuerstein, 2003
Ausstellungen

THOMAS FEUERSTEIN – FIAT – INDIVIDUI RADICALI, COMPAGNI SOCIALI

15.3.2003—24.4.2003

Der Tiroler Künstler Thomas Feuerstein (geboren 1968 in Innsbruck) beschäftigt sich in seiner Arbeit mit der Mediatisierung von Realität. Die Projekte reflektieren und interpretieren gesellschaftliche Produktionsprozesse im Kontext technokultureller Phänomene, naturwissenschaftlicher Obsessionen sowie ideologischer Visionen und Phantasmen. Speziell die Befragungen medialer und biotechnologische Eingriffe und Manipulationen als Praktiken der Identitäts- und Realitätskonstruktion dienen der Eruierung sozialer Bedingungen und Konstruktionen, die auf eine Interferenz zwischen Politik, Technologie und Biologie verweisen. Der für die Galerie Museum konzipierte Ausstellungstitel fiat bezieht sich in seiner Doppeldeutigkeit einerseits auf das lateinische Wort fiat, nach dem Schöpfungsspruch “fiat lux!” = es werde Licht, 1. Mose 1, 3): “es geschehe!” oder „man verarbeite zu..“. (auf Rezepten; Med.), andererseits auf den italienischen Autokonzern FIAT. Fiat erschließt sich in diesem Zusammenhang als Schöpfungsformel für das Programm und den Code einer technisch konstruierten und konstituierten Gesellschaft, die über die Tradition der Moderne hinausgehend an der Realisierung autoevolutiver Utopien laboriert. Der Untertitel radikale individuen – soziale genossen verweist auf einen gesellschaftlichen Dualismus, in dessen Spannungsfeld aktuelle Fragen einer sozialen Gerechtigkeit zwischen Solidarität und Subsidiarität im Feld globaler Transformationen verhandelt werden. Die Ausstellung setzt sich modular aus zwei Installationen (Leviathan und Myzel), einer grafischen Wandarbeit (der Schriftzug „fiat“ wurde mit einer Faustfeuerwaffe in die Wand der Galerie eingesschrieben/eingeschossen) und einem Video im vorderen Ausstellungsraum zusammen. Der hintere Ausstellungsraum der Galerie präsentiert in Form einer Camera Biophilista ein Konzentrat des Projektes Biophily, in dessen Zentrum die Installation Plus ultra::Der Künstler als Avatar #29 steht. (http://www.myzel.net/biophily) Fiat operiert mit zwei Metaphern aus der Biologie, einem Pilzgeflecht oder Myzel als radikales Individuum und einer Staatsqualle als sozialer Metaorganismus. Die Arbeit Leviathan – soziale Genossen, die das Bild einer Staatsqualle aufgreift, bezieht sich auf Thomas Hobbes gleichnamiges Werk. Der Hydrozoenkörper, der sich in der Natur aus Tausenden Polypen aufbaut, setzt sich im Objekt „Leviathan“ aus transparenten Kristallsteinen zusammen und verweist damit auf die älteste Beschreibung von Gesellschaft als ein kristallines Netzwerk: Das Netz der Göttin Indra. Gesellschaft wird dabei als ein Netz begriffen, das aus einer Vielzahl facettengeschliffener individueller Kristalle gebildet wird. Nur im gegenseitigen Wechselspiel der Reflexionen erstrahlt das Individuum im Glanz des Kollektiven. Die Arbeit “Myzel – radikales Individuum” zeigt einen Bioreaktor, in dem ein Pilzgeflecht kultiviert wird. Im Kontext der Ausstellung fungiert der Pilz als Metapher für ein “radikales” Lebewesen, welches in der Welt der Biologie als Individuum mit der größten Ausdehnung und Biomasse gilt. (Die größten bisher entdeckten Pilze erstrecken sich über Tausend Kilometer und erreichen eine Biomasse von mehreren Tonnen).

Die DVD FIAT (Präsentation am 11.04.03 um 19.00 Uhr) projektiert ein Video, das Interviews mit Antonio Negri, Andrea Pininfarina und Oliviero Toscani enthält und die aktuelle Krise des Fiat-Konzerns zum Ausgang für einen Diskurs über Modernität und Globalität nimmt. Die mit Kristallen besetzte Staatsqualle wurde unterstützt von der Fa. Swarovski, die Arbeit Myzel entstand in Zusammenarbeit mit dem Institut für Mikrobiologie der Universität Innsbruck, die Installation “Plus ultra::Der Künstler als Avatar #29” entstand mit Unterstützung der Galerie E+K Thoman, Innsbruck.