LA PRODUZIONE DELLA COSTRUZIONE
Philipp Messner
kuratiert von Sabine Gamper
Philipp Messner, (1975 in Bozen geboren, lebt und arbeitet in München), realisiert anlässlich seiner Einzelausstellung in der Galerie Museum eine großformatige, raumfüllende Skulptur, die aus vielen Einzelteilen besteht und vom Künstler je nach Raumsituation zu einer Konstruktion mit architektonischem Charakter zusammengestellt wird. Die einzelnen Körper bestehen aus einem Metall-Kunststoffverbund, welcher eine spiegelglatte Beschichtung aufweist, wodurch die Oberfläche der Skulptur sich innen in sich selber spiegelt und dadurch einen kaleidoskopischen Effekt erzielt. Für den Betrachter ergibt sich ein changierendes Spiel an Reflexionen, Spiegelungen und Verdoppelungen, durch die das Auge ständig gefesselt und gleichzeitig auf den Prüfstand gestellt wird.
Messners Arbeiten sind konzeptuell, sie thematisieren die Funktion von Form und Oberfläche, und beziehen durch ihre räumliche Größe den Betrachter in seiner körperlichen und psychischen Präsenz mit ein. Messners Objekte zeichnen sich durch ihre äußerst präzise und exakte Bearbeitung der meist empfindlichen und glatten Oberflächen aus, sie bestehen durchgehend aus industriellen Materialien, und werden auf industriellem Wege gefertigt. Diese Arbeiten fungieren als Spiegel, die uns der Künstler vor Augen hält, um den auf das Kunstwerk gerichteten Blick auf uns selber zurückzuwerfen.
Formal gesehen nimmt Philipp Messner mit seiner Skulptur Bezug auf frühere Arbeiten, in denen er sich mit Flaggen bzw. ihren symbolisch visualisierten Formen auseinandersetzte, wie z.B. die Raum-Stellwand „Arsenale“, die er 2006 im Kunstpavillon in Innsbruck zeigte, seine Performance „flash back“, die er erstmals anlässlich des internationalen Festivals der Performance 2006 in Trient präsentierte, sowie seine filmische Arbeit „Flash Flag“ (35 mm, 15 „, 2006), ein Kinostreifen, in dem die Flaggen der UNO Mitgliedsstaaten auf Schwarz/Weiß reduziert und in rasantem Ablauf so schnell hintereinander gezeigt werden, dass dem Auge kaum mehr Zeit bleibt, die einzelnen Symbole getrennt voneinander wahrzunehmen. Diese Arbeit wird während der gesamten Ausstellungsdauer täglich im Filmclub Bozen zu sehen sein.
In seiner künstlerischen Vorgehensweise reduziert, dekonstruiert, collagiert, überlagert und sampelt Philipp Messner. Er streicht Überflüssiges weg, reduziert Bildformen auf das Minimum, seziert Ganzes bis hin in seine kleinsten Teile, und fügt unterschiedliche Teile wieder zu einem virtuellen Ganzen zusammen, mit dem Ziel, ein Kunstobjekt als Paradefeld zu schaffen, an dem ein je einzigartiges Experiment vollzogen werden kann: das Experiment der Überprüfung der Wahrnehmung des Betrachters in Bezug auf die Fiktion der Oberfläche.
Ausgehend von religiösen und politischen Symbolen und deren Proportionen hat Philipp Messner für seine Konstruktion in der Galerie Museum einzelne Elemente als Hohlkörper entwickelt, welche die geometrischen Formen von Stern, Halbmond, Kreuz, Rechteck (für farbige Fläche), usw. aufnehmen. Durch das Abwechseln von Hohlräumen und Begrenzungsflächen oszilliert die Wahrnehmung des Betrachters zwischen Zwei- und Dreidimensionalität, womit die Frage nach Authentizität, Realität und Abbild gestellt wird. Was die Oberflächengestaltung wie auch die Formensprache oder Materialität betrifft, verweisen die Objekte auf die Ästhetik der Minimal Art oder den Konstruktivismus. Messners Intention ist jedoch nicht jene, die Form auf ihre Anfänge hin zurückzuführen und von Überfrachtungen zu reinigen, wie es die Künstler der Zwischen- und Nachkriegszeit betrieben. Messner reduziert, um seinen Fragestellungen in Bezug auf den Zusammenhang von Form und Wahrnehmung so exakt wie möglich zu fokussieren.
Zentrales Thema in Philipp Messners künstlerischer Arbeit ist die Hinterfragung der menschlichen Wahrnehmung, im Speziellen die Frage nach unserer Erwartungshaltung angesichts dessen, was wir sehen: Es geht um Bilder und ihre identitätsstiftende Funktion.
Wenn sich Philipp Messner mit symbolischen Formen und Flaggen auseinandersetzt, dann nicht weil er ein realpolitisches Statement abgeben will, sondern weil die Flagge ein sehr konzentriertes Beispiel an Visualisierung von symbolischen Inhalten darstellt, und insofern ein Paradebeispiel an Bedeutung stiftender symbolischer Formgebung ist. Angefangen bei den Flaggen über die Formensprache unserer Architektur, das Design unserer Autos, unserer Kleidung etc.: Als künstliche Artefakte definieren sie unseren realen Raum, und erzeugen als Bedeutungsträger gleichzeitig „Psychoräume“, die sehr viel mit unseren Befindlichkeiten zu tun haben.
Jede optische Wahrnehmung knüpft virtuelle Verbindungen in unserem Kopf, dockt an unser Erinnerungsreservoir von gespeicherten visuellen Informationen an, und ruft gleichzeitig unsere damit in Zusammenhang stehenden Gefühle auf den Plan. In diesem Kontext stellt sich auch die Frage nach Zugehörigkeit und Norm. Mit seinem Projekt „Haus in Gröden“ (2003) schlug Messner in genau diese Kerbe, indem er über Nacht die optische Attrappe eines durchschnittlichen Grödner Einfamilienhauses aufstellen ließ, und die Frage nach Realität und Schein bzw. nach der Erscheinung der Realität stellte.
Messner geht es nicht um das Objekt an sich, sondern vielmehr um das Objekt als Bedeutungsträger, um dessen Kontext, und um die Frage nach dem Standpunkt, dem Blickwinkel des Betrachters. Anhand seiner Werke dekonstruiert Messner vermeintliche Wahrheiten, um das „Konstrukt“ von Realität zu entlarven. Mit seinen Interventionen fordert er uns heraus, unsere Wahrnehmung der Realität auf ihr Funktionieren hin zu überprüfen, abzuscannen, neu zu ordnen, und somit auch unsere Wahrnehmungs- bzw. Erkenntnisfähigkeit unter die Lupe zu nehmen.
Messners Formen sind insofern immer Brücken, Verbindungsteile zwischen dem, was wir sind, und dem, was wir sehen. Dazwischen spielt sich das Ereignis der Konstruktion von Identität ab.